Umstrittene Fensterprostitution an der Langstrasse

Die Polizeipraxis in Sachen "Fensterprostitution" im Zürcher Langstrassenviertel wurde zum 1. August des vergangenen Jahres geändert. Seitdem haben etwa 30 der betroffenen Prostituierten Beschwerde beim Polizeirichteramt eingereicht, da gegen sie Bussen ausgesprochen wurden.

Lustmap Redaktion
6. 1. 2023
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Die Einsprachen gegen Bussen, die im Zusammenhang mit "Fensterprostitution" im Langstrassenviertel ausgesprochen wurden, sind inzwischen beim Polizeirichteramt eingegangen. Das bestätigte Christian Depuoz, der Leiter dieser Einrichtung. Die Betroffenen sind Prostituierte, die sich in beleuchteten Fenstern freizügig präsentieren, um Kunden anzulocken. Diese Art der Anwerbung wurde in einer Reihe von Gebäuden rund um die Langstrasse über einen längeren Zeitraum hinweg toleriert, solange die Frauen die Freier nicht aktiv ansprachen. Aufgrund von Problemen in diesen Etablissements hat die Sittenpolizei jedoch am 1. August 2022 ihre Praxis geändert und verzeigt seitdem Frauen bereits dann, wenn sie sich in einem Fenster in einschlägiger Absicht zeigen.

In den ersten drei Monaten nach der Änderung der Polizeipraxis, wurden laut Bruno Probst, dem Leiter der städtischen Sittenpolizei, etwa 30 Bussen ausgesprochen. Einige der betroffenen Frauen haben beim Polizeirichteramt Beschwerde eingereicht und in Einzelfällen auch den Ausstand des Polizeirichterchefs und seines Teams verlangt. Diese Ausstandsbegehren wurden an das Statthalteramt weitergeleitet. Der Polizeirichterchef betont, dass mit der Praxisänderung kein neues Gesetz geschaffen, sondern lediglich eine bestehende Vorschrift umgesetzt wurde. Laut einem Stadtratsbeschluss von 1991 ist es verboten, sich im öffentlichen Raum in "erkennbarer Bereitschaft zur gewerbsmäßigen Unzucht" aufzuhalten.

Sowohl Bruno Probst, der Leiter der städtischen Sittenpolizei, als auch Christian Depuoz, der Leiter des Polizeirichteramts, sind der Meinung, dass die Vorschrift im Stadtratsbeschluss von 1991 auf die "Fensterprostitution" im Zürcher Langstrassenviertel zutrifft. Sie sind jedoch bereit, die Sachlage von einem Gericht rechtsgültig klären zu lassen und haben daher das Ausstandsbegehren gegen Depuoz und sein Team weitergeleitet. Sobald dies behandelt wurde, werden die Einsprüche von einem Einzelrichter am Bezirksgericht geprüft. Das Bundesgericht hat sich zuletzt 1998 mit der "Fensterprostitution" befasst, als eine Busse gegen eine Frau bestätigt wurde, die von einem offenen Fenster aus einen vermeintlichen Freier angesprochen hatte.

Die Einführung neuer Regelungen im Langstrassequartier hatte zunächst zu Verunsicherung bei den Prostituierten geführt, jedoch scheint sich in der Praxis wenig geändert zu haben. Die Prostituierten präsentieren sich weiterhin hinter den Fenstern in ähnlich freizügiger Weise wie zuvor. Bruno Probst, Leiter der Sittenpolizei, ist jedoch zufrieden, dass seit der Verschärfung der Maßnahmen keine neuen Immobilien hinzugekommen sind, die unter die Kategorie "Fensterprostitution" fallen.



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