Verlagerung der Sexarbeit in Privatwohnungen

Immer mehr Sexarbeit verlagert sich aus Bordellen in private Wohnungen. Dieser Wandel bringt Vorteile für manche Frauen, birgt jedoch auch Risiken: Zwangsprostitution und Menschenhandel werden schwerer erkennbar, und die Arbeit der Polizei gestaltet sich zunehmend kompliziert. Zwei Frauen schildern ihre Erfahrungen in einem Umfeld, das sich rasant verändert.

Lustmap Redaktion
22. 1. 2025
   © ming dai / Pixabay
„Die Kontrolle über das Sexgewerbe ist in der Schweiz verloren gegangen“, erklärt Sonja (Name geändert), die seit über einem Jahrzehnt in der Prostitution tätig ist. Die Italienerin empfängt ihre Kunden in einer privaten Wohnung in der Region Luzern. Im Schlafzimmer stehen Kondome und andere Utensilien bereit. Die Wohnung teilt sie sich mit mehreren Kolleginnen, wobei sie nur für wenige Tage bleibt und dann weiterzieht.

Ihre Wahrnehmung der Branche hat sich im Lauf der Jahre gewandelt: „Die Situation verschlechtert sich ständig, da immer mehr Menschen zur Prostitution in die Schweiz kommen.“ Laut Sonja hat das gestiegene Angebot – auch in Wohnungen – dazu geführt, dass die Preise deutlich gesunken sind. „Früher habe ich bis zu 60'000 Franken im Monat verdient. Heute komme ich, wenn es gut läuft, noch auf 5000“, berichtet sie.. Der Konkurrenzdruck zwinge viele Frauen dazu, gefährliche Praktiken anzubieten: „80 Prozent der Kunden wollen inzwischen Sex ohne Kondom“, sagt sie.
 

Polizei: „Versteckte Arbeitsweise nimmt zu“

Schätzungen zufolge bietet inzwischen rund die Hälfte der Sexarbeitenden ihre Dienste in privaten Räumen an, anstatt in öffentlich zugänglichen Bordellen. Verlässliche Daten gibt es nicht, da die Grenze zwischen privaten und gewerblichen Etablissements schwer zu definieren ist.

Die Polizei in Luzern ist etwa einmal pro Woche im Einsatz, um mögliche Opfer von Menschenhandel aufzuspüren. Der Leiter der Abteilung für Sexual- und Milieudelikte, bestätigt den Trend zu sogenannten Wohnungsbordellen: „Für selbstständig arbeitende Frauen können diese Wohnungen von Vorteil sein. Gleichzeitig ermöglichen sie es jedoch Zuhältern, Frauen unbemerkt arbeiten zu lassen. Für uns wird es dadurch schwieriger, Kontakt zu den Betroffenen herzustellen. Unsere größte Sorge ist, dass immer mehr Frauen in den Untergrund abrutschen, während unser Ermittlungsaufwand steigt.“
 

Mehr Sicherheit in Clubs

Auch Nora, eine Prostituierte aus Rumänien, kennt die Schwierigkeiten des Berufs. „Ich brauche dringend Geld – für mich, meine Familie und mein Kind“, sagt sie. Zunächst arbeitete sie in privaten Wohnungen, hat sich jedoch bewusst dagegen entschieden und ist inzwischen in großen Bordellen oder Saunaclubs tätig. „Hier fühle ich mich sicherer und habe immer jemanden, mit dem ich reden kann“, erzählt Nora, die in einem Sex-Club in St. Gallen arbeitet. Dort teilt sie sich die Nachtschichten mit 15 anderen Frauen.

Im Gegensatz zur Arbeit in Privatwohnungen empfindet Nora ihre Tätigkeit im Club als angenehmer: „Es macht mehr Spaß. In Wohnungen ist es oft langweilig, wenn man stundenlang allein auf Kunden wartet.“ Zudem gibt es Sicherheitsvorkehrungen wie einen Alarmknopf: „Wenn oben im Zimmer etwas schiefläuft, kann ich den Knopf drücken, und sofort kommt jemand zur Hilfe.“

Der Wandel hin zu privaten Räumen im Sexgewerbe wirft viele Herausforderungen auf – sowohl für die Polizei als auch für die Betroffenen selbst.